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AutorenbildHenni Jesch

Ermelo 2022

5jährige Dressurpferde und so manches...

Fotos von Verena Lüthje


Was mich an dieser WM der jungen Dressurpferde so begeistert, ist ja die Tatsache, dass die besten Reiter und Ausbilder ´auf derer schön Welt´ die besten Pferde vorreiten. Da sieht man so viel gutes Reiten!

Wenn man sich die Mühe macht live dabei zu sein, dann behält man ja von einer WM ganz andere Bilder im Kopf, als wenn man das bei ClipMyHorse ansieht und dann die Ergebnislisten liest. Die Ergebnisse kennt jetzt eh schon jeder, der sich dafür interessiert. Ich gebe hier nur meine Eindrücke wieder und was mit rund um die Dressurstadien aufgefallen ist. Es gibt immer so magische Momente, die man von solchen Veranstaltungen als Bilder im Kopf behält.

Da ist zum Beispiel das Bild von Dinja van Liere und Mauro Turfhorst. Wenn die beiden die lange Seite entlangtraben – ohne dabei etwas besonders Spektakuläres zu machen – ist das genauso wie man sich Dressurreiten vorstellt. Und das sieht man nur wenn man live am Viereck sitzt. Wer redet schon in der Schlussbetrachtung von Mauro, der einfach „nur“ im Finale der 5jährigen Dressurpferde eine gute Runde lief und 10. wurde? Es war sehenswert. Nein, es war ein Gänsehautmoment. Wie so viele mehr…


Schön war auch, dass schlussendlich die federleichte Eleganz der Siegerin Lyngbjergs St. Paris sich gegenüber der männlichen Dominanz der Starhengste Vitalos und Fashion Prinz durchgesetzt hat. Einfach bezaubernd vorgestellt von Victoria E. Vallentin. In der Qualifikation war St. Paris noch dritte, hinter dem Sieger Fashion Prinz – hat mich etwas verwundert? – und Vitalos. Allerdings muss ich jetzt auch sagen, dass mich viele Reihungen verwundert haben. Aber das ist für den Zuseher eigentlich egal, wer das dann wirklich gewinnt. Das mag für die Beteiligten bedeutungsvoller sein. Die Pferde sind eigentlich durch die Bank alle toll. Es könnte fast jeder vorne stehen. Es quält mich nicht wer schon oder nicht gewinnt. Dieser Fashion Prinz ist schon beeindruckend, wenn er mit seinen 1,90m das Viereck einnimmt. So einen Schweif hat es noch nie gegeben! Echt nicht! Der reicht ja für drei Haflinger. Allerdings denkt man sich da so ein bisschen bei sich, dass es ganz gut ist, dass Fredric Wandres den Job aufgefasst hat, diesen – ich entschuldige mich für die Bezeichnung! – Elefant zu pilotieren. Ich möchte das nicht! Aber das wäre jetzt diese neue Geheimkategorie, die wir schon in Herning eingeführt haben: Kuchltauglich… Wie realistisch wären die Überlebenschancen eines solchen Traumpferdes im Tennengau in Salzburg? Ich weiß, das ist völlig irrelevant, aber den Fashion Prinz kriegen wir nicht einmal mit dem Schuhlöffel in eine Box!

An vierter und fünfter Stelle waren zwei KWPN-Pferde, die auch genauso gut weiter vorne hätten stehen können. Kirsten Brouwer mit einem selbstgezogenen Pferd: My Precious. An Kirstens Vorstellungen gibt es meist nichts zu bemängeln. Es ist einfach nur schön! Eventuell ist es gar nicht so einfach wie es aussieht, die quirlige Stute da so gleichmäßig durchzusteuern. Die hätte ganz gern nach Monstern im Stadion gesucht, aber das konnte ihr die Reiterin ausreden. Wunderschön ist der fünftplatzierte Waschbär: Racoon. Schöner kann mein ein Pferd nicht malen. Da muss man jetzt die Fotos dazunehmen. Er könnte im Hinterbein noch engagierter sein finde ich. Aber wenn man so schön ist… An sechster Stelle war ein Pferd platziert, das ich für eines der besten in diesem Feld gehalten hätte: Chere Celine mit Lena Waldmann. Die Stute ist nach dem Waschbären einfach ein bisschen ausstrahlungsärmer, aber ich denke bewegungsoptimiert. Feine Bella, Be Allex und Fille dÓr sind alles außergewöhnliche Pferde und auf jedes kann man sich in der Zukunft freuen.


Bei den 5jährigen Dressurpferden am Donnerstag war die erste Starterin aus österreichischer Sicht Bartlgut´s Questore mit Ulli Prunthaller. Ein schicker brauner Hengst. Bartlgut´s Questore ist mit einer tollen Trabmechanik ausgestattet. Er war sich nur nicht so ganz sicher, ob er das jetzt heute und hier im Regen wirklich machen möchte. Er meinte, es würde mit weniger ans Gebiss ziehen auch auskommen. Das sah eher so aus als hätte der Halbstarke nicht ganz erkannt, worum es eigentlich geht, er wollte ja bloß einen Ausflug machen. So sind´s die Prinzen. Im kleinen Finale der 5jährigen hat er dann sogar noch einen draufgelegt und wollte gleich nach dem Einreiten schlicht und ergreifend stehen bleiben, um allen Bedürfnissen nachzukommen. Was soll man da noch sagen oder tun? An der Qualität dieses Pferdes lässt das trotzdem keinen Zweifel, er konnte es halt noch nicht so begeistert zeigen. Mir kam das vor, wie ein Volksschulkind auf dem Heimweg von der Schule: die Mutter ist heimgehetzt, um das Essen rechtzeitig fertig zu haben und der Bub versucht seelenruhig am Wehr mit den Socken Fische zu fangen.


Was einen auch nur begeistern kann, wenn man live dabei ist, ist dieser magische Moment, wenn man zufällig auf den Abreiteplatz schaut und ein kleines dünnes Mädel dort einen riesigen schwarzen Hengst reitet, der grad gar nicht so überzeugend rüberbringt, dass er ein ganz Braver ist. Ich frag mich ja immer wieder mal, ob das schon alles Versammlung ist, was die anderen Bereiter da reiten und ob Halbe Paraden aus der Mode sind? Nicht bei Lottie Fry. Ich glaub, die macht sich eine Diesellok durchlässig. Kjento war der Beübte. Aber der kann ganz schön abheben, wenn er eine Lücke in der Deckung seiner kindlichen Kaiserin findet. Ist halt ein Halbstarker. Der will es schon wissen. Es reicht, wenn sich Lottie die Jacke auszieht und danach den Zügel wieder einsammelt, dann meint er schon, er macht sich jetzt ein Sackerl Gaudi auf, weil ´de Oide´ ist eh grad im Außendienst. Und das meint er dann schon ernst! Könnt ja sein, dass man die 45 kg ganz leicht übern Zaun schmeißt. Oh nein! Sie wäre nicht die Weltmeisterin der Dressurreiter könnte sie ein Halbstarker einfach über den Zaun werfen. Das mit dem Blödsinn… das geht einfach nicht!

Wie soll man denn mit diesem Fliegengewicht streiten? Das ist, wie wenn ein Boxer ins Leere haut. Das macht er dreimal, dann hört er das einfach auf, weil er auf die Schnauze fällt. Kjento verliert niemals die Balance, aber Bocken mit Lottie bringt einfach nichts. Einfach nichts! Sie reitet einfach weiter. Setzt ihn am Hintern, richtet gerade und reitet vorwärts. Eh simple. Lottie hat geübt. Da sind viele gekommen, geritten und gegangen. Lottie und Kjento haben immer noch geübt. Das ist aber auch ein Athlet! Da ist jeder Muskel austrainiert, der schwitzt nach einer Stunde Reiten nur mäßig. Das ist eine andere Liga. Die Liga der Weltmeisterin. Und wenn jetzt irgendeiner glaubt, dagegen anreiten zu können… das wäre fast naiv. Keiner kann reiten wie Charlotte Fry! Und das bleibt jetzt eine Weile so – sie ist 26, Kjento ist 7, Glamourdale ist 11.


Einmal kam ich am Samstag am abgelegeneren Abreitplatz, der nicht als Vorbereitungsviereck für eine Prüfung dient, vorbei, da ritt das englische Mädel grad gemütliche Schrittrunden am hingegebenen Zügel mit einem auf unscheinbar gestylten schwarzen Hengst… aber Glamourdale kann niemals unscheinbar sein. Manchmal tut einem das junge Mädel direkt ein bisschen leid, weil sie andauernd fotografiert, gefilmt und angesprochen wird. Aber so ist das mit Weltmeistern! Die Geister die man ruft…


Aber dann reitet die kindliche Kaiserin ja wieder – dieses Mal auf Everdale – richtet gerade, reitet vorwärts und versammelt… Mein Gott, was kann die diese Hengste versammeln!?


Wenn es regnet, dann halt im Regen! Wenn es heiß ist, dann halt in der Hitze. Wenn sie bocken, dann halt mit Bocken…

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